30 Jahre “Rostjäger”: Eine echt abgefahrene Geschichte
Wir geben es ja zu, die Fotos da oben sehen schon ein bisschen komisch aus. Auch der Zusammenhang mit dem Themen “Auto” und “Rostschutz” erschließt sich nicht auf Anhieb!
Deshalb kommt hier jetzt schnell die Erklärung: Auf den Fotos oben sehen Sie unseren Test-Turm auf der Nordseeinsel Helgoland. Hier prüfen wir seit vielen Jahren unsere selbst entwickelten Rostschutzmittel für Fahrzeuge und für die Industrie. Was hier durchhält und trotz permanenter Salzwassergischt nicht kaputt rostet, funktioniert später überall!
Der Mann im Wasser ist unser Geschäftsführer Gerd Cordes. Sie sehen ihn bei seiner Lieblingsbeschäftigung: Baden gehen! Immer wenn es ihm oben auf dem Test-Turm langweilig wird, hüpft er schnell mal in die Nordsee! So macht der vermeintlich trockene Job mit dem Rostschutz echt Spaß!
Hinter den Prüfungen auf unserem Test-Turm steht eine 30 Jahre alte Tradition. Bei der Geschichte, die wir Ihnen jetzt erzählen, geht es erst einmal nicht um Geschäftliches und auch nicht um unsere Firma TimeMAX. Hier geht`s um Leidenschaft: Die Geschichte handelt von einem rostigen Fiat 850 Spider, der für eine Traumreise nach Korsika gekauft wurde und von den jahrelangen Versuchen, den Wagen mit einem selbst entwickelten Rostschutz-System vor dem Verfall zu schützen.
Unsere “Rostjäger”-Geschichte ist zwar lang, sie hat aber einen roten Faden: Es geht um den jahrzehntelangen Kampf gegen den Rost. Ohne diese Vorgeschichte mit dem Fiat hätte es die Gründung von TimeMAX im Mai 2004 und auch die ungewöhnlichen Aktionen wie jetzt auf Helgoland bestimmt nicht gegeben.
Den Namen “Rostjäger” haben wir uns übrigens nicht selbst ausgedacht. Die Bezeichnung stammt von dem Redakteur Michael Nieberg von “Stern TV”. Im Sommer 2006 hatte das Redaktionsteam einen langen Beitrag über die Arbeit von Gerd Cordes gedreht. Bei der Live-Sendung war Gerd Cordes dann Studiogast bei Günther Jauch. Damals ging es um Rost bei modernen Autos.
Los geht`s Anfang der achtziger Jahre in einem Stahlwerk
Als Gerd Cordes im Jahr 1979 seine Mittlere Reife ausgehändigt bekam, hatte er von der Schule genug. Er wollte jetzt erst einmal eine Ausbildung machen. Weil er nicht so richtig wusste, was er in seinem Leben so machen soll, ging er dann mit seiner Mutter zur Berufsberatung beim Bremer Arbeitsamt. Der Termin half dem jungen Mann nicht wirklich weiter. Schlug der Berater im Amt doch tatsächlich vor, dass Gerd Cordes etwas “vernünftiges” lernen sollte: Wie wäre es mit Seemann oder Industriemechaniker?
Seemann? So lange weg von Mama, Papa und der kleinen Schwester? Keine gute Idee!
Leicht genervt war er wegen der dann tatsächlich getroffenen Auswahl des Ausbildungsberufes eh, denn sein eigentlicher Plan sah ja ganz anders aus: Er wollte Fotograf werden. Den ganzen Tag hübsche Mädchen fotografieren und so. Daraus wurde aber nichts. Damit aus ihm kein “dauerarbeitsloser Künstler” (Zitat seines Vaters) wird, machte er nach langem Überlegen schließlich dann doch die Mechaniker-Lehre.
Das Foto mit dem blauen Opel Ascona etwas weiter oben ist auf dem Gelände der Klöckner-Werke in Bremen entstanden. Im Hintergrund ist eine große Halle aus Wellblech zu sehen. Es ist eine der sogenannten Walzstraßen. Was Gerd Cordes damals nicht wusste: Die Lehre bei den Klöckner-Werken war sein großes Glück!
Die Ausbildung hat ihm in seinem späteren Leben immer wieder geholfen. Der sanfte Druck seiner Eltern war also genau richtig. Schmieden, Drehen, Fräsen, Schweißen: Nach der Ausbildung kannte er in Grundzügen fast alles in Sachen Metallbearbeitung!
Außerdem lernte er bei Klöckner einen alten Hallenmeister kennen. Der Mann war im Walzwerk für die Schmierung der riesigen Kugellager verantwortlich. Gerd Cordes musste ihm ab und zu bei der Arbeit helfen und die Fettdosen schleppen.
In den Walzwerken wurde der rot-glühende Stahl aus den firmeneigenen Hochöfen und Stahlwerken weiter verarbeitet. Die “Klöcknerbahn”, die firmeneigene Bahnlinie, brachte die glühenden 30 cm dicken Stahlplatten, die sogenannten “Brammen”, zu den verschiedenen Walzwerken. In mehreren Etappen wurden aus den Brammen hier dann dünne Autobleche gepresst.
Diese damals ebenfalls knapp zwanzigjährige Frau hat sie damals alle umgehauen. So eine Kollegin hätten sie bei Klöckner auch gerne gehabt: Jennifer Beals! Sie spielte 1983 in “Flashdance” eine Schweißerin, die in einem Stahlwerk arbeitet. Die hier gezeigte Schallplatte hat Gerd Cordes drei Jahrzehnte nach dem Kauf auf dem Dachboden seiner Eltern wiedergefunden.
In dem Musik- und Tanzfilm spielte Jennifer Beals 1983 eine Schweißerin in einem Stahlwerk. Das kam an bei den Lehrlingen: Sie machte fast genau denselben Job wie sie bei Klöckner. Nur sah es in ihrem Stahlwerk im US-amerikanischen Pittsburg irgendwie halt alles ein bisschen anders aus. Besonders die Tanzszenen mit der durchgeschwitzten Jennifer Beals im Gegenlicht waren unglaublich! Damals ein Wahnsinnsfilm! Ausnahmslos alle Lehrlinge im Stahlwerk bei Klöckner in Bremen waren 1983 in Jennifer Beals verliebt. Einige Kollegen von Gerd Cordes schauten sich den Film im Kino so oft an, dass sie ihn in und auswendig kannten!
Zurück zu Klöckner: Der alte Hallenmeister im Walzwerk nahm seinen Job sehr ernst und hat nebenbei viel über seine Aufgaben und die verschiedenen Fett-Mischungen erzählt. Abhängig von der Drehzahl der Walzen und von der Umgebungstemperatur wurden die Rollenlager mit unterschiedlichen Schmierfetten versorgt. In seinem Fettlager gab es viele Sorten. Wegen der Hitze des glühenden Stahls waren fast alle Fette temperaturbeständig und liefen nicht aus den Lagern heraus. Dass man mit Fett auch richtig guten Rostschutz machen kann, interessierte Gerd Cordes damals noch nicht. Erst ein paar Jahre später erinnerte er sich an die Worte des alten Meisters. Gut, dass er seine Telefonnummer hatte!
n nostalgischer Blick zurück, so sah für Gerd Cordes damals “Industrie-Romantik” aus: Die Hochöfen bei Klöckner in Bremen.
Trotz der Härte des Jobs verstanden viele ihre Anstellung bei Klöckner als echtes Privileg. Anfang der achtziger Jahre arbeiteten hier 4000 Menschen. Die Ausbildung in der Metallwerkstatt bei Klöckner war begehrt und hatte bis zum Schluss nach dreieinhalb Jahren ein sehr hohes Niveau. Als Gerd Cordes nach Abschluss der Lehre übernommen wurde, begann er im glühend heißen Walzwerk als Mechaniker-Geselle. Schon damals hatte er oft seine Kamera dabei!
Der erste Fiat Spider
Die Angewohnheit all das, was man benutzt, vorher ausgiebig auszuprobieren und zu testen, geht bei Gerd Cordes auf eine schmerzhafte persönliche Erfahrung zurück. Gerade einmal volljährig geworden und in seinem letzten Lehrjahr als Mechaniker-Lehrling, hatte er 1984 auf einer Wiese bei Bremen ein kleines rostiges Auto gefunden.
Es war ein Fiat 850 Sport Spider von 1968. Obwohl der Wagen ganz offensichtlich stark reparaturbedürftig war, konnte Gerd Cordes nicht an ihm vorbeigehen. Es ging nicht anders: Der Fiat musste einfach gekauft werden!
Der Plan, was dann eigentlich mit dem Fiat passieren sollte, stammt aus einem “Werner Comic”. Gerd Cordes und sein Freund Bernd Würdemann waren damals “Werner”-Fans. Längst nicht so konsequent wie viele Ihrer Kollegen, die die Comics in und auswendig kannten, aber immerhin: Sie hatten fast alles gelesen, was bisher erschienen war.
Eine der Geschichten aus den Comics handelt von ein paar Freunden, die nach einigen Bieren spontan die Idee entwickeln, mit ihrem alten Amischlitten-Cabrio nach Korsika zu fahren: “…vollpacken mit Flens und dann ab zum Flachköpper machen nach Korsika!”
Der zweite Fiat Spider
Damit der Schmerz mit dem schnell überwunden wird, musste Ersatz her. Für wieder einmal wohl zu wenig Geld kaufte Gerd Cordes einen zweiten Spider. Der dieses Mal grüne Fiat Spider kam von einem befreundeten Kfz-Meister. An seine Worte erinnert sich Gerd Cordes noch ganz genau: “Hiermit kannst Du nichts falsch machen. Der ist viel besser als der blaue!”
Er war zwar ebenfalls stark verrostet, aber scheinbar immerhin noch rettbar. Mit den Teilen, die er noch von seinem blauen Spider hatte, wollte Gerd Cordes das Fiat-Projekt dann erfolgreich zum Abschluss bringen.
Für den Urlaub im kommenden Sommer hatte Bernd Würdemann eigentlich schon einen anderen Plan. Mit seinem Motorrad wollte er “Kurven fahren”. Am liebsten natürlich in den Alpen. Als Gerd Cordes immer wieder aufs Neue anfing von Korsika zu schwärmen, sagte Bernd Würdemann dann doch zu mitzukommen. Die Vorstellung, offen in Richtung Mittelmeer zu sausen, fand er dann doch wohl großartig!
Für die gemeinsame Reise nach Korsika hatte er lediglich zwei Wünsche: “Erst einmal Alpenpässe und für den Kassettenrekorder bitte auf keinen Fall Popmusik!” Bernd Würdemann war nämlich ein ausgemachter Frank Zappa Fan. Er konnte fast jedes Lied fehlerfrei und “textsicher” mitsingen. In Sachen Zappa war er gnadenlos. Leichter verdauliche Gitarren- oder Popmusik fand er einfach nur “gewöhnlich”. Bis zur Reise wollte er seine komplette Zappa-Schallplattensammlung fix und fertig auf Kassette überspielen.
Ganze drei Jahre mussten die beiden dann warten. Vor der Reise musste erst einmal geschweißt werden. Gerd Cordes hatte das Ausmaß der Rostschäden zum zweiten Mal unterschätzt.
Echt schlimm: Kein Sex wegen Rost!
Der zweite Fiat wurde dann zum “Schicksalswagen” von Gerd Cordes. Auf keinen Fall wollte er ein zweites Mal aufgeben.
Gleich mehrere Jahre verbrachte der junge Mann dann die Wochenenden in der Werkstatt. Jede freie Minute wurde zum Schweißen genutzt. Die Werkstatt wurde sein zweites Zuhause. Gerd Cordes war hoch konzentriert. Nur selten lief nebenbei in der Werkstatt das Radio.
Die Aufgabe, den Wagen endlich auf die Straße zu bekommen, stand lange über allem. Soziale Kontakte wurden auf ein Minimum reduziert. Gleich mehrere Mädchen liefen ihm einfach weg. Keine Zeit für eine Freundin. Schlimm war´s!
Bei der Restaurierung des grünen Spiders passierte dem gerade mal zwanzigjährigen Gerd Cordes dann ein folgenschwerer Fehler. Bei den Schweißarbeiten an der Karosserie war der Wagen zu lange aufgebockt, er war zu lange oben auf der Hebebühne.
Der junge Mann hatte eine Grundregel beim Karosseriebau missachtet: Da bei Cabrios das abstützende Dach fehlt, müssen offene Autos bei umfangreichen Schweißarbeiten an der Bodengruppe immer auf den Boden abgelassen werden.
Fehler wie diese passieren einem guten Karosseriebauer besser nur ein Mal im Leben: Immer, wenn Gerd Cordes hinter einem gerade heraus genommenen Blech erneut Rost sah, wurde es konsequent herausgeschnitten. Im Laufe der Monate und Jahre entwickelte er eine Art Rostallergie. Nach und nach hatte er immer mehr aus der maroden Karosserie herausgetrennt. Auf die Idee, zwischen den A- und B-Säulen stützende Streben einzuschweißen, war der junge Mann erst viel zu spät gekommen. Front und Heck waren nach unten abgesackt. Die Mitte des Wagens war jetzt mehrere Zentimeter zu hoch. Anders gesagt: Der Fiat war krumm wie eine Banane!
Erst als er dann nach langer Zeit die Türen wieder eingebaut hatte, fiel ihm der schlimme Fehler auf. Beide Türen, standen hinten viel zu weit hoch. Sie ließen sich nicht mehr schließen.
Wütend über die eigene Dummheit ging Gerd Cordes in den Tante Emma Laden um die Ecke und kaufte erst einmal einen Träger Bier. Er weiß es noch wie heute: Es war lauwarm. Nachdem die Hälfte vernichtet war, konnte er mit dem Kummer dann etwas besser umgehen!
Von seinem Vater borgte er sich anschließend eine 80 Zentimeter lange Riesen-Flex aus. Ein unglaubliches Werkzeug! Auf beiden Seiten schnitt er dann mit großen Trennscheiben jeweils 5 Zentimeter aus den Schwellern heraus. Ohne die Stabilität der Schweller war der Wagen jetzt sehr instabil. In diesem Zustand wäre er jetzt beim Reinsetzen glatt zusammengebrochen.
Gerd Cordes rollte den Wagen dann wieder auf seinen Arbeitsplatz mit der Hebebühne. Die Arme der Bühne fuhr er ganz nach oben. Um die Krümmung der Karosserie zu korrigieren, befestigte er zwischen den hochgefahrenen Bühnenarmen und der Karosserie lange und stabile Vierkanthölzer.
Dann wurde erst einmal der Rest des Bieres getrunken. Mittlerweile war es auch gekühlt. Anschließend machte er es endlich richtig: Er schweißte beidseitig komplett neue Schweller ein. Das Problem war gelöst. Und weil er wusste, dass der Wagen auf Korsika hart belastet werden würde, schweißte er anschließend im Innenraum neben den Schwellern zusätzliche Verstärkungsbleche und Stahlwinkel ein. Der kleine Fiat war jetzt wieder stabil.
Dieser Fehler sollte ihm in seinem Leben nie wieder passieren!
Weitere Fotos von den nicht enden wollenden Schweißarbeiten finden Sie auf “Die Entstehung von TimeMAX” auf unserer Internetseite.
Nach der Lehre und ein paar Monaten als Schlosser im Walzwerk bei Klöckner ging Gerd Cordes in Oldenburg dann doch wieder zur Schule. Als ihn einer seiner neuen Lehrer zum ersten Mal mit dem offenen Fiat vor dem Gymnasium vorfahren sah, verzog er skeptisch das Gesicht. Was er wohl dachte: Noch so ein kiffender Hippie, noch so ein unnützer Gammler…?”
Was der Lehrer nicht wusste: Der neue Schüler war kein Hippie, er war einfach nur pleite. Das “Hübsch machen” vom Fiat war nicht drin. Die Lackierung war zu teuer. Auch für das ständige Offenfahren gab es eine simple Erklärung: Das Stoffdach war kaputt. Überall große Risse! Irgendwann fehlte sogar das Heckfenster. Für ein neues Dach reichte das Geld erst Jahre später.
Ein paar Tage nachdem der Wagen die TÜV-Prüfung bestanden hatte, war es dann endlich so weit: Gerd Cordes und sein Freund Bernd Würdemann waren auf dem Weg nach Korsika. Wollen Sie wissen, ob die beiden die Strecke von Bremen nach Korsika wirklich geschafft haben? Was wurde aus der alten Idee aus dem Werner Comic, was wurde aus dem “Flachköpper ins Mittelmeer? Wenn Sie wissen wollen, wie die Geschichte ausgegangen ist, müssen Sie sich noch ein wenig gedulden. Die Auflösung kommt ganz zum Schluss!
Mitte der achziger Jahre: Der Test für den Fiat
Als die Schweißarbeiten endlich beendet waren, kreisten die Gedanken von Gerd Cordes um ein neues Thema: Wie konnte er verhindern, dass sein gerade restaurierter Wagen erneut zu einem Rostopfer wird? Dass es in den verwinkelten Hohlräumen immer noch gefährliche Rostnester gab, wusste er nur zu gut. Schließlich hatte er die Löcher ja selbst zugeschweißt!
Wie konnte er verhindern, dass seine jahrelange Arbeit vernichtet würde? Das “Ewige Leben” war das mindeste, was er sich nach den Schweiß-Strapazen der vergangenen Jahre für seinen Fiat wünschte. Welches Rostschutzmittel sollte er jetzt nehmen? Was funktioniert auch in bereits angerosteten Hohlräumen?
Diese Dose wurde nach langem Suchen bei Ebay nachgekauft. Ob sich der Verkäufer gewundert hat, warum Gerd Cordes nicht verhandelt hat und unbedingt genau diese alte Dose haben wollte?
Der Fiat steht jetzt seit vielen Jahren bei TimeMAX im Eingangsbereich und wird immer noch jeden Tag “benutzt”. Auf der Straße ist er aber nur noch selten unterwegs. Der Wagen ist jetzt Teil der Ausstellung und erzählt zusammen mit der Eduscho-Dose und den Fotos an der Wand die Geschichte von TimeMAX.
Von den Kaffeedosen-Tests aus den achtziger Jahren gibt es keine Fotos. Gerd Cordes konnte damals nicht ahnen, dass sie irgendwann einmal wichtig werden könnten. Die unten gezeigten Bilder stammen aus dem Drehmaterial für den Fernsehbeitrag. In dem Film wurde im Detail gezeigt, wie Gerd Cordes seine ersten Prüfungen durchgeführt hat.
Für den Test besorgte Gerd Cordes alle Rostschutz-Produkte, die er in seiner alten Heimatstadt Bremen kriegen konnte: Rostumwandler, Öle, Wachse und Fette. Für jedes Produkt nahm er eine eigene neue Test-Dose.
Nach der Behandlung wurden die Dosen wieder bei den Eltern unter die Tannen gestellt. Dieses Mal gleich für ein knappes Jahr. Zwischendurch sorgte Gerd Cordes für Autobahn-ähnliche Prüfbedingungen: Einmal im Monat wurde Salzwasser in die Dosen gesprüht.
Erkenntnisse aus den Kaffeedosen-Tests
Das wichtigste zuerst: Die von innen angerosteten Dosen waren durchaus geeignete Testbehälter. Bei alten Autos sehen die Hohlräume ähnlich aus. Außerdem ist das Blech der Dosen so dünn, dass die Schäden relativ schnell bemerkt werden. Überall dort, wo der Rostschutz versagt, gibt es eine Durchrostung. So einfach kann das Testen von Rostschutzmitteln sein!
Die meisten Wachsprodukte bekommen auf rostigem Untergrund irgendwann Probleme. Wenn die Lösemittel ausgegast sind, kann die Schutzschicht aufplatzen.
Noch eine Erkenntnis: Je stärker der Rost, desto lösemittelärmer und fetthaltiger sollte der Rostschutz sein. Bei stark angerosteten Hohlräumen sind Rostschutzmittel auf Fettbasis deshalb kaum zu schlagen. Die meisten Fette hatten damals jedoch den Mangel, dass sie nicht temperaturstabil waren. Bei Wärme im Sommer liefen sie ab. Fettpfützen unter den Autos waren dann im Hochsommer die Folge.
Später, bei der Entwicklung der eigenen Produkte haben die Erkenntnisse aus den Kaffeedosen-Tests sehr geholfen. Weitere zehn Jahre später konnte Gerd Cordes dann seine Fette auch so “einstellen”, dass sie in ihren Eigenschaften kaum noch zu schlagen waren.
Auch an die Worte seines alten Meisters aus dem heißen Walzwerk bei Klöckner hat sich Gerd Cordes immer wieder gerne erinnert. Der Mann hatte Recht: Wenn die Zusammensetzung stimmt, kriegt man mit Fett auch in Sachen Rost fast alles hin!
Eine ebenfalls große Hilfe bei der Entwicklung waren seine Erfahrungen aus der Zeit an der Universität in Oldenburg. Hier hatte er Ende der achtziger Jahre knapp zwei Jahre im Fachbereich Chemie gearbeitet. Obwohl er bei den Chemikern nur als Zivildienstleistender beschäftigt war, hat er hier viel dazu gelernt.
30 Jahre zurückgedacht: Was wurde aus dem Fiat…
Der kleine Fiat war nach Abschluss der Schweißarbeiten lange der “Versuchsträger” von Gerd Cordes. Alle möglichen Rostschutz-Systeme wurden an dem Wagen ausprobiert.
Doch erst die bei den “Kaffeedosen-Tests” gewonnenen Erkenntnisse haben schlussendlich dann dazu geführt, dass er für die Ewigkeit konserviert werden konnte. Der Wagen hat überlebt und steht jetzt bei TimeMAX in der Ausstellung.
…und was wurde aus der so lange geplanten Reise nach Korsika?
Nachdem Sie jetzt so lange durchgehalten haben, wollten wir Ihnen ja noch verraten, was damals in den achtziger Jahren aus der zunächst einmal geplatzten Korsika-Reise geworden ist.
Sind Gerd Cordes und sein Freund Bernd Würdemann beim zweiten Versuch tatsächlich auf der “Insel der Schönheit” angekommen? Hat der kleine Fiat 850 Spider die lange Strecke inklusive der Alpenüberquerung tatsächlich überstanden?
Der Fiat war ein echter Kilometerfresser! Die 6000 Kilometer lange Reise begann mit einer Autobahnfahrt von Bremen nach Bayern. Dann standen für die beiden passionierten Motorradfahrer Alpenpässe auf der Wunschliste. Durch die beim Fiat rundum schon stark ausgehärteten Reifen waren die Abfahrten ins Tal immer ein großartiges Erlebnis!
An die nicht enden wollenden Kurven und Spitzkehren erinnern sich beide noch heute: Bergab war immer ein echter Kick! Wussten Sie, dass man eine Hose innerhalb von nur fünf Minuten durchschwitzen kann? Erst das Heulen, dann das Quietschen und zum Schluss der Drift. Großartig war´s!
Bernd Würdemann war übrigens ein sehr guter Beifahrer. Er hatte gewusst, was Ihn erwartet. Trotz einiger echt grenzwertiger Situationen hat er nicht einmal auch nur eine Miene verzogen.
Nach der wilden Kurbelei in Österreich und in der Schweiz landeten die beiden dann in Südtirol. In Meran (Bilder oben) gab es endlich mal vernünftigen Wein zu trinken.
Hotels und Campingplätze waren aus Kostengründen tabu. Die beiden parkten grundsätzlich irgendwo in der Natur im Wald. Selbst das mitgenommene Zelt wurde nicht gebraucht, sie schliefen auf Isomatten neben dem Auto.
Hierzu gibt es eine kleine Anekdote. Bernd Würdemann erzählt die Geschichte aber meist nur dann, wenn sein alter Freund grad nicht dabei ist. Sonst würde es wohl Ärger geben:
“…durch die jahrelange Schweißerei hatte Gerd damals eine echt innige Beziehung zu dem Wagen. Oder anders gesagt, er hatte da wohl ´ne leichte Macke. Niemand durfte dem Wagen zu nahe kommen. Gerd glaubte, dass der Fiat nicht nur für ihn, sondern auch für andere etwas ganz besonderes ist. Er hatte wohl Bedenken, dass der Wagen geklaut wird. Auch wenn wir irgendwo in der Einsamkeit im Wald übernachtet haben: Gerd lag mit halb offenen Augen direkt neben der Fahrertür auf dem Boden und passte auf. Er hatte auch immer das Brotmesser mit im Schlafsack. Manchmal war es auch eine Gabel!
Ich hatte natürlich auch eine Aufgabe: Ich musste nachts immer die rechte Seite vom Wagen bewachen. Bei mir ging´s auch ohne Messer und Gabel. Das konnte ich ihm dann doch grad noch ausreden!”
Vor der Reise hatte Gerd Cordes aus der Unibibliothek in Oldenburg altes italienisches Kartenmaterial aus dem Ersten Weltkrieg besorgt. Die Karten führten die beiden Abenteurer aus Norddeutschland auf längst stillgelegten Militärstraßen hinauf ins Hochgebirge. In der Nähe vom Brennerpass entdeckten Sie in einer menschenleeren Gebirgsgegend halb verfallene Bunkeranlagen aus dem Jahr 1916. Hier sind die beiden oben gezeigten Fotos dann frühmorgens nach dem Frühstück gemacht worden.
Auf dem rechten Bild sieht man neugierige italienische Kühe. Sie hatten die Urlauber aus Deutschland auf eine spezielle Art und Weise geweckt. Mit ihren dicken Glocken hatten sie dem gerade fertig geschweißten Fiat einige heftige Beulen ins Blech geschlagen. Das Scheppern der Glocken gegen die Kotflügel war so laut, dass beide schlagartig aufgewacht waren.
Warum der Wagen für die Kühe so interessant war, hat sich nicht wirklich aufgeklärt. Es gibt die Theorie, dass die teilweise grün lackierte Karosserie die Kühe an Gras erinnert hatte. Gerd Cordes vermutete aber eine anderen Ursache für das ungewöhnliche Interesse. Da es in dem kleinen Fiat für einen Campingtisch keinen Platz gab, haben die beiden Freunde die vorderen Kotflügel beim Frühstück immer als Tisch-Ersatz benutzt. Die Theorie von Gerd Cordes: Möglicherweise waren die Kühe an den Resten der aufs Blech gekleckerten Himbeermarmelade interessiert!
Die Schlaglöcher der alten und kaum noch benutzten Militärstraßen waren so tief, dass Bernd Würdemann regelmäßig aussteigen musste, um die Federn zu entlasten. Bernd Würdemann: “Wenn die Hirten mit ihren riesigen Kühen da rauf kommen, dann schaffen wir das auch!”
Großes Kino im Hafen von Monaco
Die Offroad-Tour durch die Alpen hatte ihre Spuren hinterlassen. Sowohl der Fiat, als auch die beiden Insassen waren stark verdreckt. Weiter ging es in Richtung Côte d´Azur. Ziel war das feine Monaco.
Als sie in dem Fürstentum ankamen, suchten sie sich für eine Pause dann wie immer einen der schönsten Plätze aus. Ohne angehalten zu werden passierten sie im Hafen einen Schlagbaum und fuhren direkt ans Wasser. Der abenteuerlich aussehende Fiat wurde mit Blick auf die im Hafen liegenden Motoryachten geparkt.
Stundenlang standen sie hier. Irgendetwas besonders lag in der Luft. Um sie herum verdächtig viele schöne Frauen und teuer gekleidete Superreiche. Die Situation war mehr als seltsam. Keiner fühlte sich durch den Fiat und die beiden schmutzigen Abenteurer gestört, keiner hat gemeckert. Bernd Würdemann spielte sein “Zappa best of” weiter ungerührt rauf und runter.
Kurz bevor die Sonne untergehen wollte, wurde es dann noch voller im Yachthafen. Eine riesige weiße Yacht näherte sich genau der Stelle, wo die beiden Freunde mit ihrem exotischen Wagen standen. Das unglaublich große Schiff parkte rückwärts direkt vor dem Fiat. Oben auf dem Achterdeck saßen in weißes Tuch gehüllte Araber mit dem Rücken zum Anleger. Sie ließen es sich gut gehen. Unglaublich attraktive Frauen kamen vorbei und reichten ihnen Getränke. Einer der Araber schaute ab und zu nach unten und lächelte. Als die Gangway runter gelassen wurde, gingen die Reichen und die Schönen an Bord. Mit dabei waren auch einige Gesichter, die man aus Film und Fernsehen kennt.
Oben auf dem Achterdeck saßen jetzt noch mehr reiche Araber. Einer klimperte mit seinen Goldringen an der Bordwand. Jetzt erst las Gerd Cordes den Namen des Schiffes am Heck. Es war die “Nabila”, eine der größten Yachten der Welt. Sie gehörte Adnan Kashoggi. Er galt damals als reichster Mann der Welt. Seine an der Côte d´Azur veranstalteten Partys waren in den achtziger Jahren legendär und begehrt. Nirgendwo war die Dichte an Promis, Politikern und Filmstars größer.
Erst jetzt dämmerte den beiden verschmutzen Camping-Urlaubern, wo sie hinein geraten waren: Der reichste Mann der Welt gab eine Party und sie waren mitten drin. Als dann auch noch Roger Moore mit seinem dunkelblauen Rolls Royce vorfuhr, machte Bernd Würdemann den Zappa-Sound im offenen Fiat dann doch aus. Jetzt erst begriffen sie, warum man sie nicht verscheucht hatte. Sowohl das Wachpersonal, als auch das Publikum hielten sie scheinbar für einen Teil der Kashoggi-Show.
Es war Zeit zu gehen.
Der Besuch des britischen Filmstars hatte einen besonderen Grund: In dem Bond Film “Sag niemals nie” hatte die 85 Meter lange “Nabila” mitgespielt. Klar also, dass Roger Moore, der in der Nähe seine Villa hatte, auf der Einladungsliste ganz oben stand. Die Details zu der Party und zu dem was dann noch passiert ist, fanden Gerd Cordes und Bernd Würdemann einige Tage später zufällig in einer Ausgabe der Tageszeitung “Nice-Matin”. Das in Nizza erscheinende Blatt hatte groß berichtet, wer bei der Party auf dem Schiff alles dabei war. Ein pikantes Detail: Als Roger Moore auf der “Nabila” seine Drinks nahm, wurde zuhause in seiner Villa eingebrochen. Die Diebe haben in der Villa großzügig “abgeräumt”. Sie wussten wohl, dass keiner zuhause war.
Am nächsten Tag fuhren die beiden Urlauber den Fiat dann endlich auf die Fähre nach Korsika. Auf der Insel machten sie dann wieder ihr bewährtes Programm: Bergabfahrten bis die Reifen quietschen und übernachten irgendwo in der Natur.
Wenn irgend möglich, waren die beiden wieder abseits befestigter Straßen unterwegs. Das linke Foto oben zeigt den Fiat auf einem eigentlich abgesperrten Weg in Richtung Strand. Laut Karte war der Weg für Autos eigentlich viel zu schlecht und zu gefährlich. Nach einigen Stunden “Rumprobieren” und “Schlaglöcher-umfahren” kam der Fiat dann trotzdem durch. Das rechte Foto oben zeigt den Wagen ein paar Tage später auf der anderen Seite der Insel. Hier hatten sie sich direkt am Wasser im Sand festgefahren.
Wie viele menschliche Bewohner der Insel auch, sind sie für ihr dickes Fell bekannt. Der Pfeil auf dem Foto zeigt auf die Mittelkonsole. Wenn sie genau hin schauen, entdecken sie hier ein Glas Marmelade. Gerd Cordes versteht es heute nicht mehr, damals war es aber wohl so: Marmelade war ein Grundnahrungsmittel.
In Sachen Marmelade machte Gerd Cordes keine Experimente. Während der ganzen Reise kaufte er seine Lieblingsmarmelade vom französischen Hersteller “Bonne Maman”. Er kaufte immer Himbeere und Pfirsich im Wechsel. 30 Jahre später gab es jetzt in einem Supermarkt in Hamburg ein Wiedersehen. Sogar die rot-weiß gemusterten Deckel sehen noch genau so aus.
Zum Schluss noch mal Werner
Die in diesem Artikel gezeigten Reisefotos kommen längst nicht alle von Gerd Cordes. Auch Bernd Würdemann hat stundenlang in seiner Foto-Sammlung gewühlt und dann noch den ein oder anderen “Schatz” entdeckt. Erst im Sommer 2013 hatten sich die beiden in Hannover dann endlich einmal wieder getroffen und Fotos getauscht.
Einer der ersten, der die Fiat- und Korsika-Fotos zu Gesicht bekam, war übrigens kein geringerer als Rötger Feldmann selbst, der Erfinder der Werner Comics.
Kurz nach dem Gerd Cordes die Fotos zusammen mit Bernd Würdemann sortiert und digitalisiert hatte, war der TimeMAX Chef im Zug von Hamburg nach Berlin unterwegs. Ein Geschäftstermin für die Firma.
Wie immer, wenn er Bahn fährt, war er in seinen Laptop vertieft und tippte einen Text. Ein paar Sitzplätze vor sich entdeckte er auf einmal von hinten jemanden, der Rötger Feldmann sehr ähnlich sah. Gerd Cordes überlegte lange: “Ist er´s nun oder nicht?” Der Mann diskutierte angeregt mit seiner Frau, die neben ihm saß.
Es war ein ungünstiger Zeitpunkt, die beiden anzusprechen. Vom Schaffner hatten sie gerade erfahren, dass sie ihre Sitzplätze räumen müssen. Beim Reservieren hatte es wohl einen Fehler gegeben. Die beiden diskutierten noch: Wer hat denn jetzt den Fehler gemacht, Du, ich oder war´s der Computer der Deutschen Bahn?
Gerd Cordes wartete geduldig, bis die Diskussionen beendet waren.
Erst auf dem Bahnsteig in Berlin ging er dann mit seinem Laptop in der Hand auf die beiden zu. Vorher hatte er auf seinem Rechner noch schnell ein paar alte Fotos sortiert: Die Bilder vom Fiat auf Korsika!
Zuerst wussten Feldmann und seine Frau wohl nicht ganz, was das auf dem Bahnsteig hier jetzt soll. Fragend schauten sie sich an: “…was will der Typ bloß von uns?”
Zugegeben, die Geschichte war vielleicht auch ein bisschen lang “für zwischendurch” im Bahnhof. Es ging um den alten Fiat, die verzweifelten Versuche ihn vor Rost zu schützen und natürlich auch um die so lange verschobene Reise nach Korsika inklusive “Flachköpper” ins Mittelmeer. Ein halbes Leben in einer knappen Minute im Gewühl auf dem Bahnsteig!
Erst als Gerd Cordes das Laptop dann rüber drehte und dem Werner-Erfinder die Fotos von seinem bunten Fiat auf Korsika zeigte, macht es dann “Klick”.
Rötger Feldmann war nach der Fotopräsentation auf dem Bahnsteig dann wohl doch ein bisschen beeindruckt: “Wow, was für ein Aufwand, das ist echt verrückt! Und dann mit dem Ding bis nach Korsika? Was für eine abgefahrene Geschichte!”